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Besuch der Schatzkammer von St. Servatius und des

Michaelsbergs mit der ehemaligen Benediktiner-Abtei


Exkursion nach Siegburg am 12. Juli 2023



Organisator: Walter Fabritius

Bericht: Kunibert Förster

Nach angenehmer Fahrt wurde unsere Besuchergruppe in Siegburg von Frau Ruth Kühn empfangen, die uns durch die Pfarrkirche St. Servatius führte. Sie zeigte uns nicht nur das Bauwerk und seine reichhaltige Ausstattung, sondern erläuterte ausführlich die Baugeschichte, die eng mit der Geschichte des Michaelsberges über der Stadt und seiner Benediktinerabtei verknüpft ist. An den vielen Details und den ausführlichen Antworten auf Fragen merkte man, dass Frau Kühn mit ihrer mehr als 30 jährigen Erfahrung als Stadt- und Kirchenführerin über ein fundiertes Wissen über die Geschichte Siegburgs verfügt. Man musste ihr einfach interessiert zuhören.


Die Kirche Sankt Servatius liegt unmittelbar neben dem Siegburger Marktplatz. Sie wurde im 12. und 13. Jahrhundert als dreischiffige Emporenbasilika erbaut und ist damit die älteste Kirche Siegburgs. Das sehenswerte romanisch-gotische Bauwerk gehört neben dem Marktplatz und dem Michaelsberg zu den bekannten Wahrzeichen Siegburgs. Darüber hinaus enthält es aber auch noch einen ganz besonderen Schatz, nämlich den größten und bedeutendsten Kirchenschatz aus Staufischer Zeit nördlich der Alpen. In der Schatzkammer der Kirche werden Schreine und Reliquiare sowie Tragaltäre, Textilien und liturgisches Gerät aufbewahrt. In ihrer kunsthistorischen Bedeutung ist diese Schatzkammer mit den Domschatzkammern Köln und Aachen gleichzusetzen.


All diese Schätze zeigte uns die Führerin und erläuterte ihre Geschichte. Interessant ist dabei, dass die Servatius-Kirche ursprünglich gar nichts mit der Entstehung des Schatzes zu tun hat. Er entstand nämlich mit den ersten Schenkungen von Reliquien ab 1064 durch den Kölner Erzbischof Anno an seine Lieblingsgründung, die Abtei St. Michael auf dem Michaelsberg. Die Mönche auf dem Berg sammelten über die Jahrhunderte Knochenteile von über 700 Heiligen, die natürlich in entsprechend kostbaren Behältnissen aufbewahrt werden mußten. So entstanden die 5 großen Schreine, von denen der bedeutendste der des hl. Anno ist, und die vielen weiteren kostbaren Gefäße, deren Holzkonstruktionen mit bildlichen Darstellungen aus dem Leben der Heiligen verziert sind, geschaffen aus Gold und Silber und mit kostbaren Edelsteinen verziert. Die große Zahl der Reliquien führte über die Jahrhunderte zu einem bedeutenden Wallfahrtsbetrieb in Siegburg. Die katholischen Gläubigen pilgern seit dem Mittelalter bis heute zu diesem geheiligten Ort und beten vor diesen Schreinen um Schutz und Hilfe in allen Lebensanliegen und um Fürsprache bei Gott - und das seit nunmehr mehr als 950 Jahren.


Im Zuge der Säkularisation und der Auflösung der Abtei 1803 wurde der Abteischatz herrenlos. Nach turbulenten Zwischenfällen wurden die Kleinode dann 1812 der Stadtpfarrei St. Servatius zum Eigentum übertragen. So kam es, dass die Pfarrei St. Servatius zur Schatzhüterin dieses  so bedeutenden Kirchenschatzes wurde. Eine glückliche Fügung – insbesondere auch unter dem Aspekt, dass die Benediktinerabtei auf dem Michaelsberg inzwischen aufgelöst wurde.



Nach dem beeindruckenden Besuch der Kirche St. Servatius spazierten wir dann den Berg hoch zur ehemaligen Benediktinerabtei St. Michael.


Die Abtei wurde 1064 vom damaligen Erzbischof Anno II von Köln (1056 – 1075) gegründet. Anno stammte aus einem unbedeutenden Adelsgeschlecht im Schwäbischen. Durch familiäre Beziehungen, glückliche Fügungen und persönlichen Ehrgeiz brachte er es bis zu dem hohen Amt in Köln. Für die einen war Anno der Inbegriff eines Tyrannen, für andere ein wahrhaft heiliger Bischof. Dazu muss man wissen, dass er als Kind seiner Zeit nicht nur hoher kirchlicher Würdenträger war, sondern auch weltlicher Herrscher. Persönlich führte er ein asketisches, von strenger Religiosität geprägtes leben. Als weltlicher Fürst war er machtbesessen und setzte seine Ziele teilweise skrupellos durch.


Anno hat in einer Auseinandersetzung mit Heinrich, dem Pfalzgrafen im Engelgau aus dem Geschlecht der Ezzonen den Siegberg – wie er damals hieß in seinen Besitz gebracht. Das paßte zu seinen machtpolitischen Ambitionen, aber auch zu seiner Kirchenpolitik. Er siedelte dort Benediktinermönche an, von denen er sich eine Erneuerung des kirchlichen Lebens versprach. Aber auch für ihn ganz persönlich war der Berg hoch über der Stadt von symbolhafter Bedeutung. Er wählte in bzw. seine Lieblingsabtei dort oben als seien eigenen Grablege. Außerdem könnte das befestigte Kloster ihm selber nötigenfalls als Schutz dienen - stand er doch mit den Bürgern in seiner Bischofsstadt Köln auf Kriegsfuß. So kam er öfters nach Siegburg, wo er unter den Mönchen selbst wie ein Mönch lebte.


Die Abtei Michaelsberg bestand von 1064 bis 1803. Nach der Säkularisation aufgehoben, dienten die Baulichkeiten zeitweilig als Kaserne und Lazarett, auch als Irrenanstalt und Gefängnis. Im Jahr 1914 wurde das Kloster von niederländischen Benediktinern wiederbesiedelt. Leider musste der Orden den „Michaelsberg“ aufgrund von Nachwuchsproblemen 2011 aufgeben. Seitdem ist in der Anlage das Katholisch-Soziale Institut des Erzbistums Köln untergebracht. Ferner hat sich eine kleine Kommunität des Ordens der Unbeschuhten Karmeliten dort angesiedelt. Die derzeit 5 Patres stammen aus Indien.


Von der ursprünglichen Abteianlage, die Anno errichten ließ, sind nur noch Reste übrig. Nach vielfältigen An-, Um- und Neubauten über die Jahrhunderte sowie einer Serie von Bränden entstand im 18. Jahrhundert eine barocke Anlage. Diese wurde wiederum im 2. Weltkrieg weitgehend zerstört. Lediglich der Turm, der gotische Chor und die romanische Unterkirche (Krypta) blieben erhalten. Die heutige Abteikirche ist eine moderne Kirche im Stil der Nachkriegszeit mit „romanisch-gotischen Überlieferungsteilen" auf der Basis des ursprünglichen Grundrisses.


Die Inneneinrichtung und die prächtigen Buntglasfenster sind ebenfalls Schöpfungen der 1950er Jahre. Im Kirchenschiff  ist das Leben des Gründers Anno dargestellt. Die Fenster im Chor zeigen Bilder aus dem Leben Jesu und verschiedener Heiliger. 


Auffallend sind die 6 überlebensgroßen Figuren im Längsschiff  der Kirche. Die zwei vorderen, die Apostel Petrus und Paulus darstellend, stammen aus der Zisterzienserabtei Heisterbach, die weiteren wurden für Siegburg geschaffen und stellen den hl. Bischof Bonifatius und den hl. Erzbischof Anno dar sowie dei beiden Patrone der Abtei, den hl. Erzengel Michael im Kampf mit dem Drachen als Symbol des Teufels und den hl. Mauritius als Soldat der thebäischen Legion der Römer.


Das Grab des hl. Anno befand sich ursprünglich im Gang des Längsschiffes der Abteikirche, gekennzeichnet durch eine beschriftete Platte. Es ist leer, die Gebeine des Heiligen befinden sich seit 2021 in einem neuen, modern gestalteten Schrein in der Anno-Kapelle, einer Seitenkapelle der Kirche.


Nach diesen vielfältigen geistigen Genüssen tat die anschließende Rast im Cafe vor der Abtei sehr gut. Es wurden die gewonnenen Eindrücke diskutiert und bei angenehmem Wetter Kaffee und Kuchen genossen - und natürlich auch die großartige Aussicht auf die Stadt Siegburg. Mit reicher kultureller Erfahrung ging es wieder zurück in Heimat.



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