K_03: Altes Postamt Kürten

"Altes Postamt" in Kürten

Ute Jülich

Fassung vom 18.02.2021

Das Kaiserliche Postamt


Der offizielle Postverkehr erreichte Kürten 1854 als die Landstraße von Bergisch Gladbach nach Wipperfürth gebaut wurde. In Tannenbaum 1 (Wipperfürther Str. 426) eröffnete Karl Strack eine Fuhrmannskneipe mit einer Postsammelstelle, wo die neue Postkutschenlinie aus Wipperfürth hielt. Wenn der Postillion Post übergab, musste der Wirt dafür sorgen, dass sie den Adressaten erreichte.

 

Mit der Reichsgründung 1871 wurde der Briefverkehr vom Staat übernommen und gemeinsam mit der neuen Erfindung der Telegrafie verwaltet. So entwickelte sich unter dem Reichspostminister Heinrich von Stephan landesweit ein dichtes Netz von Post- und Telegraphenämtern.

1876 wurde das Kaiserliche Postamt in Cürten gegenüber der Ahlenbacher Mühle gebaut, eine wichtige Verbindungsstation zwischen den beiden Telegrafenlinien, die eine aus Wipperfürth und die andere aus Bensberg. Entlang der Hauptstraße wuchsen die Telegrafenmasten aus dem Boden, deren Drähte in den Schalterraum des Postgebäudes führten, wo sich ein Morsetisch befand, an dem ein Beamter die Nachrichten zur nächsten Station morsen konnte.


1889 wird die neueste Entwicklung der Technik, die Telefonie eingeführt. Im Verzeichnis der Post- u. Telegraphenanstalten im Deutschen Reich von 1890 heißt es:


„Cürten PA III (Postamt dritter Klasse) - Telegraphenanstalt mit Fernsprechbetrieb - Telegraphenanstalt mit beschränktem Tagesdienst -

Die Ortsuhr geht gegen Berliner Zeit 24 1/2 Min. nach


Das Postamt Kürten wird als wichtigste Station zwischen dem Postamt in Bergisch Gladbach und in Wipperfürth bezeichnet. Wie man auf der Fotografie sieht, haben sich die Leitungen vervielfacht. Vor allem fällt das besondere Gestell auf dem Dach des Gebäudes auf. Es ist keine Antenne, sondern die oberirdische Verbindung zwischen zwei Telefonlinien und war bis in die 1930er Jahre in Betrieb.

Es entstand ein Vermittlungsraum, in dem „das Fräulein vom Amt“ die Verbindungen zwischen den einzelnen Teilnehmern herstellte. Die Vermittlungsstelle wurde im Laufe der Jahre automatisiert und in ein neues Gebäude hinter der Post verlegt, bis es 1970 aufgegeben wurde. Alle Telefonleitungen im Bereich Kürten gingen von diesem Postamt aus. Der Ausbau des Leitungsnetzes war langwierig und teuer. Eine der ersten Telefonverbindungen führte zum Alten Amt, dem ersten Rathaus von Cürten (1897).


Wer ein Telefon hatte, war ein beliebter Nachbar. Noch lange gab es Haupt - und Nebenanschlüsse, sowie geteilte Leitungen für „Wenigsprecher“. Öffentliche Fernsprecher gab es nur im Postamt, in Gasthäusern oder bei Privatleuten, die dies durch ein Schild kenntlich machten. Ab 1896 wurden übrigens in den Ortschaften Schilder und Hausnummern angebracht

Pferdewechselstation


Ab 1876 ist das neue Kaiserliche Postamt Cürten Umsteigestation für die Postlinie auf der Strecke Wipperfürth - Bergisch Gladbach.

Die gegenüberliegende Restauration “Zur Mühle“ bot für die tägliche Postlinie Ausspann für die Pferde und eine Rastmöglichkeit für die Fahrgäste. Wilhelm Schlürscheid, einer der letzten Postillione aus Bergisch Gladbach, erzählt:

 

"Von Bergisch Gladbach nach Kürten bot sich eine Fahrgelegenheit morgens halb neun Uhr. Gegen elf Uhr war dieser Wagen in Kürten, wo die Wipperfürther Post bereitstand, mit der man die Reise fortsetzen konnte. Der Postillion hatte in Kürten geruhsame Stunden bis er um sechs Uhr abends seine Fahrt nach Bergisch Gladbach antrat“.

 

Bei sehr schlechtem Wetter wurde ein 3. Pferd vor den Postwagen gespannt. Bei starkem Schneefall stellte man ihn auf Schlittenkufen, was für die Postillione eine besondere Freude bedeutete. Die letzte Postkutschenfahrt in Kürten war 1907/08.


Reichspost


Das Kaiserliche Postamt wird 1920 zum Reichspostamt und der Postmeister, der mit seiner Familie in der Dienstwohnung in der 1. Etage wohnt, heißt jetzt Amtsvorsteher. Das Postamt III.Klasse - Cürten Kreis Wipperfürth - gehört weiterhin zur Oberpostdirektion Köln.

 

Es ist die Zeit der Besetzung der Rheinlande durch die Siegermächte. Die Besatzungszone im Umkreis von 30 km um Köln endet am Ahlenbach neben der Post und dem Haus des ersten Arztes in Kürten Dr. Johannes Molitor. Dies führte dazu, dass er einen Passierschein brauchte, wenn er Patienten besuchen wollte.

 

Die Reichspost richtete ab 1920 eine Kraftwagen-Personenpost ein. Die Wagen fuhren aber unpünktlich und unzuverlässig, so dass sie nicht viel Anklang bei der Bevölkerung fand. Die Preußische Regierung in Köln regte daraufhin die Gründung eines kreiseigenen Omnibusbetriebes an, der ab 1924 als Wupper- Sieg- GmbH unterwegs ist.


Nach dem 1. Weltkrieg ist die Zeit der Sparmaßnahmen und der Umorganisationen. 1929 werden die Amtsverwaltungen Kürten und Olpe zusammengelegt mit dem Sitz der Verwaltung in Kürten. Wegen der allgemeinen Sparmaßnahmen der deutschen Reichspost ist auch das Fortbestehen des Postamtes Kürten im Gespräch. Da es seit über 50 Jahren eine wichtige Poststelle bildet und im Mittelpunkt des neuen Amtsbezirks Kürten-Olpe liegt, bleibt es als Zweigstelle des Postamtes Bergisch Gladbach erhalten.

 

1937 hat das Postamt Kürten einen Personalbestand von 7 Personen. Der Amtsvorsteher ist Postsekretär Fischer. Eine Postagentur besteht in Bechen (Personalbestand 2 mit Postagent Weyer) und in Dürscheid (Personalbestand 3 mit Postagent Keller). Posthilfsstellen gibt es in Eichhof, Broich und Olpe, sowie in Biesfeld, Blissenbach und Miebach.

 

Die Entwicklung der technischen Verbesserungen in der Übermittlung von Nachrichten vom Telegramm über das Fernschreiben und Telefax sind bis 1970 in den Räumlichkeiten der alten „Kaiserlichen“ Post vor sich gegangen. Das sind fast 100 Jahre Postgeschichte.


Die Briefe sind allerding immer auf die gleiche Weise verteilt worden: per Hand sortiert und zu Fuß zu den Adressaten gebracht. Seit Mitte des 19.Jh gab es Landbriefträger, die seit dem Kaiserreich Beamte waren. Nach dem 2. Weltkrieg waren für die Kürtener Post sechs Landbriefträger und ein Ortsbriefträger tätig. Sie hatten ihre festen Zustellbezirke von bis zu 20 km, die täglich zurückgelegt werden mussten, zuerst zu Fuß, dann mit dem Fahrrad und ab 1965 mit dem Zustellauto.

Dieses Foto von Tierarzt Dr. Wauer aus dem Jahre 1962 zeigt rechts die alte Post mit den beiden Türmchen mit Reichsadler und links das Restaurant Ahlenbacher Mühle. Der Blick geht in Richtung Wipperfürth.

Obwohl in den 60er Jahren aufgenommen, spürt man noch die Atmosphäre des 19. Jh. mit der geschotterten Fahrbahn, den Telefonmasten neben den alten Straßenbäumen und ohne Häuser Richtung Kreisel.

Mit ein wenig Fantasie könnte jeden Augenblick die Postkutsche aus Wipperfürth in der Ferne auftauchen.



Bemerkung:

Nach der Gebietsreform von 1929 wurde aus Cürten = Kürten. Cöln wurde ab 1918 offiziell mit „K“ geschrieben.



Quellen:

Sautter, Karl „Geschichte der Deutschen Post“ (1951)
Teil 3: Geschichte der Deutschen Reichspost (1871 – 1943)

„150 Jahre Post Bergisch Gladbach 1842 – 1992“
(Hrsg. Postamt Bergisch Gladbach 1992)

Rheinisch Bergischer Kalender 1957
August Kierspel: „Als die Bergisch Gladbacher Postwagen noch fuhren“

Rheinisch Bergischer Kalender 1985
Paul Henseler: „Aus dem Alltag eines bergischen Postillions“

Rheinisch Bergischer Kalender 2000
Bernhard Geuß: „Mit der „Wupsi“ durchs Bergische Land

Kürtener Schriften 11 (2018)
Ute Jülich: „Die erste Poststelle in Kürten“
Ute Jülich: „Das Kaiserliche Postamt in Kürten“

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