Walter Stefer
Fassung vom Dezember 2021
Neben den Gebühren für kirchliche Dienste flossen dem Pfarrer in Kürten bzw. den Kirchmeistern für die Erhaltung der Gebäude Einkünfte aus einem landwirtschaftlichen Betrieb zu, dem „Kapellengut“ in Offermannsheide. Dieses Gut wurde verpachtet. Die jährlichen Einkünfte sind im Jahre 1582 mit 11 oberländischen Gulden (eine rheinische Währung) angegeben, „deren halb theil wirt dem pastoir für den dienst und der ander halb theil den kirchmeistern ad fabricam (für das Gotteshaus) behandet“. Im Jahre 1616 auf St.-Petri-Stuhlfeiertag (22. Februar) wird das „Kapellengut“ vom Kürtener Pastor Christian Jost an die Eheleute Berndt Schomecher und Druitchen von der Kolenbach verpachtet. In diesem Vertrag wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Empfänger der Pachtgelder mit dem Pächter zusammen zur Instandhaltung der Kapelle und der zum Kapellengut gehörenden Gebäude verpflichtet sind. Der Pächter des Gutes war gleichzeitig der Küster der Kapelle. Er hatte sie in Ordnung zu halten und die notwendigen Dienste zu verrichten.
Lange berichten die Akten nur indirekt über das Gut. Nach einer Erhebung aus dem Jahre 1823 besteht das Gut aus einem Haus mit Hof und Garten von 1 Morgen (=2.556 qm), 4 Ruten (1 Rute = 14 qm) Grundfäche, 22 Morgen, 10 Ruten Land, 112 Ruten Wiese und 19 Morgen, 99 Ruten Busch (Wald). 1828 wird darauf hingewiesen, „dass der Pfarrer von Kürten sich seit langen Jahren im Genuß der Hälfte der Pachteinnahmen aus dem Gut befinde; dies werde durch die vorliegenden Pachtbriefe von 1730, 1752, 1760, 1790 und 1796 bewiesen.“
Genau 200 Jahre nach der Ersterwähnung hören wir wieder vom Kapellengut. 1816 verpachtet es Pfarrer Zingsheim an den Bauern Wilhelm Fischer von Offermannsheide.
1859 wird der Reinertrag des „Ackergütchens, bestehend aus 12 Mo(rgen) 144 Ru(then) 20 F(uß) Flächenraum verschiedener Kulturart“ mit 25 Tlr. angegeben. Die unterschiedlichen Größenangaben liegen zum Teil daran, dass einmal der Wald mitgezählt wird, ein anderes Mal aber nicht.
Immer wieder wird das „Kapellengut“ im 19. Jh. genannt, wenn es um die Bestrebungen der Offermannsheider geht, einen eigenen Pfarrbezirk zustande zu bringen. Bei der Frage der Finanzierung wurden die Einnahmen daraus als Grundstock für die Entlohnung eines eigenen Geistlichen angesehen.
Am 20. Februar 1867 brannten Haus und Stallungen des Kapellengutes bis auf die Grundmauern ab. Nachdem noch 1865 der Kirchenvorstand von Kürten erklärt hatte, „wegen der geringen Dotation der Kürtener Pfarrstelle müsse,….die Hälfte der Pachteinnahmen des Offermannsheider Kapellen- und Pfarrgutes unzertrennlich bei dem Einkommen des Pfarrers zu Kürten verbleiben“, ließ eben dieser Pfarrer trotz Widerspruchs eines Mitgliedes des Kirchenvorstandes und der Kapellengemeinde Offermannsheide das Gut nun verkaufen: Für den Preis von 4010 Tlr.pr.C. (preußisch Courant) wurde es laut notariellem Akt vom 3. August 1868 dem Bauern Johann Breidenbach zu Oeldorf zugeschlagen, der es für seinen Schwiegervater Wilhelm Krumbach ersteigerte. Letztendlich aber zog nach dem Wiederaufbau (1884) Christian Bosbach, der Schwiegersohn des Johann Breidenbach, in das Gut ein. Er wird in einer Hypothekeneintragung als Wirt zu Offermannsheide genannt.
Am 19.Juni 1902 ging das Gut dann schließlich für den Kaufpreis von 20.500 Mk in den Besitz der Baronin von Fürstenberg-Heiligenhoven, der späteren Freifrau von Landsberg, in Georghausen über. Die Familie Bosbach verzog nach Biesfeld und Wilhelm Breidenbach pachtete das Haus von der Familie von Landsberg. Seitdem war das Haus mit dem Gaststättenschild (siehe unten) „Gasthaus zur Sülze“ auch im Volksmund als „Gasthaus Breidenbach“ bekannt.
Nach dem Tode von Gastwirt Wilhelm Breidenbach am 12.9.1918 führte dessen Witwe Anna die Gaststätte mit ihren ledigen Söhnen Rudolf (Küster, Organist und Chorleiter seit 1934) sowie zuletzt Viktor bis zu ihrem Tode 1960 weiter.
Als Dorfwirtshaus diente es vor allem den Kirchgängern für den sonntäglichen Frühschoppen und den Ortsvereinen als Versammlung- und Probenort als auch den Einheimischen für ihr abendliches Stammtischgespräch bei einem Schnäpschen oder Bierchen. Die Landwirtschaft wurde - wie vielfach bei den Wirten – als zusätzlicher Erwerbszweig weiterbetrieben.
Mit Grundbucheintrag vom 26.3.1968 wurde das Gebäude mit 1000qm Grund und Boden durch die Eheleute Wilhelm und Agatha Wurth, Welzen, von Zita Freifrau von Fürstenberg geb. Freiin von Landsberg erworben. Seitdem ist das Gebäude ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt.
In den Jahren 1927 bis 1952 war das Gut Gegenstand hartnäckiger Verhandlungen und Prozesse zwischen dem Baron von Landsberg und der Kirchengemeinde, starr vertreten durch den Rektor Adolf Hoffmann, weil dieser annahm, es sei als sogenanntes Küstergut von der verstorbenen Freifrau von Landsberg der Kirche gestiftet worden. Diese hatte 1926 der Kirche aber lediglich die Nutzung zugestanden.
Förster, Kunibert: Offermannsheide – Das Dorf am Rande der Welt – Kürtener Schriften,
Geschichtsverein für die Gemeinde Kürten und Umgebung, Heft 6 (2007)
Opladen, Prof. Dr. Peter: Das Dekanat Wipperfürth, Verlag F. Schmitt, Siegburg 1955
Engeländer, Hermann: Offermannsheide – eine Dorfchronik November 1982. Ein Jahrhundert Pfarrkirche St. Peter und Paul 1883/1983. Chronik eines Pfarrortes“.