Kunibert Förster
Fassung vom Februar 2021
Wahrscheinlich gab es schon sehr früh ein einfaches Kirchlein aus Fachwerk oder einen Betraum im Hof zu "Dursen" (auch "Dursten"), wie Dürscheid ursprünglich hieß. Das Kloster und spätere
Stift St. Maria im Kapitol zu Köln besaß seit der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts in "Dursen" einen Lehnshof. Schon bald wurde dieser Hof sogar das Verwaltungszentrum für die zahlreichen Besitztümer des Kölner Klosters im Bergischen Land. Hier tagte das Hofesgericht, das alle besitzrechtlichen Angelegenheiten regelte.
Die erste steinerne Kirche wurde wahrscheinlich im 13. Jahrhundert errichtet.
Das Alter eines Holzbalkens aus dem Turm konnte auf 1280 ± 40 Jahre datiert werden.
Erhalten ist der Turm aus Bruchsteinen mit romanischen Fenstern und kleinen Schießscharten. Das Langhaus wurde 1727 erneuert, nachdem das Dach teilweise eingestürzt war. Dabei sicherte man den Turm mit Eisenankern, deren Kopfenden die Jahreszahl 1727 zeigen, was zur irrigen Annahme führte, der Turm sei erst in diesem Jahr errichtet worden. Die Johanniter in Herrenstrunden spendeten damals aus ihren reichen Wäldern das Bauholz. Die Pfarre Dürscheid, die 1351 erstmals urkundlich als Kirchspiel bezeichnet wird, gehörte seit 1413 zur Pfarre Herkenrath, die unter dem Patronat der Johanniter stand. Diese Abhängigkeit endete erst 1816, als Dürscheid (wieder) eigenständige Pfarre wurde.
Die Kirche war früher von einem Kirchhof mit Mauer bzw. Geländer umgeben, die ein Beinhaus, 7 Fußfälle und etwa 150 Grabsteine umfasste, der älteste aus dem Jahre 1611.
Seit
1880
gibt es einen neuen Friedhof mit neugotischem Friedhofskreuz oberhalb des Ortskerns Richtung Spitze. Das Beinhaus und die alten Grabsteine sind – bis auf wenige Ausnahmen – heute verschwunden. Sie sind an den Stützmauern zur Straße hin befestigt. Sehenswert ist das Missionskreuz auf der Nordseite der Kirche mit einem barocken Korpus. Seine Herkunft ist unbekannt; Experten schätzen sein Alter aber auf mindestens 200 Jahre.
Als im 19. Jahrhundert die Kirche aufgrund einer deutlichen Zunahme der Bevölkerung (Verbesserung der Landwirtschaft, Eisenerzbergbau) zu klein wurde, baute
1895
der damalige Pfarrer
Johann Voß
eine neue Kirche mit Chor und breitem Querschiff. Es war die Zeit des Historismus und so wurde das Gotteshaus nach Plänen des damals bekannten Kirchenbaumeisters Wilhelm Sültenfuß im neugotischen Stil errichtet. Lediglich der alte Turm blieb stehen, weil das Geld ausging. Nach Jahresfrist fand
1896 die Benediktion (Einsegnung)
durch den Pfarrer statt; die
feierliche Weihe durch den Bischof erfolgte erst 1902.
Da der Platz für die neue Kirche in Längsrichtung begrenzt war, wurde die Breite ausgenutzt, und zwar einmal durch eine im Verhältnis zur Länge ungewöhnlich große Breite des Kirchenschiffs, die aber durch mögliche Probleme bei den Gewölben begrenzt war; zum anderen durch den Bau eines Querschiffs, das fast so groß ausfiel wie das Längsschiff; es weist z. B. fast 90 % der Länge und rund 85 % der Breite des Längsschiffes auf.
Weitere Stationen der Kirche sind:
Zweimal, nämlich im ersten und zweiten Weltkrieg wurden die Glocken konfisziert und zu Kanonen eingeschmolzen (im zweiten sogar die über 400 Jahre alte Nikolausglocke, die im ersten noch verschont worden war), und zweimal wurden jeweils nach dem Krieg neue Glocken gegossen und im Turm aufgehangen (1933
und
1956).
Die einst neugotische Gestaltung des Innenraumes (Ausmalung, Kanzel, Kommunionbank etc.) fiel in den 1960er Jahren der Modernisierung (Auswirkung des 2. Vatikanischen Konzils) zum Opfer. Erhalten blieb neben dem Taufstein nur der Hochaltar, der vermutlich aus einer belgisch-flämischen Werkstätte stammt. Die Flügel zeigen (aufgeklappt) Szenen aus dem Leiden Christi (Jesus am Ölberg, Geißelung, Dornenkrönung und Kreuztragung) und die Heiligenfiguren (einige landete allerdings auf dem Dachboden).
Einen besonderen Blickfang stellen die Fenster dar. Der damalige Pfarrer Heinrich Pohl ließ sie innerhalb von gut 30 Jahren (1965 - 1987) von dem Maler und Glaskünstler Hans Lünenborg (Köln) erstellen und einbauen. Sie stellen die sieben leiblichen und sieben geistigen Werke der Barmherzigkeit dar, die durch Heilige (oder als heiligmäßig geltende Menschen) symbolisiert werden. Neben klassischen Heiligen wie Martin von Tours oder Bernhard von Clairvaux werden auch "moderne" Heilige wie Edith Stein oder Mutter Teresa (damals noch lebend) dargestellt. Auch Gestalten aus dem Alten Testament (Tobias und Judas Makkabäus) und sogar altgriechische Philosophen (Aristoteles und Platon) sind dabei. Lediglich die drei Chorfenster stammen aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg (Jesus am Kreuz; der heilige Nikolaus rettet durch ein Geldgeschenk die Töchter eines verarmten Edlen vor der Prostitution; Berufung von Jüngern am See Genezareth).
In jüngerer Zeit erfuhr die Kirche kaum Veränderungen. Sie wurde allerdings mehrfach überholt (Reinigungs- und Renovierungsarbeiten, Erneuerung der Ausmalung, Reparaturen an Dach und Mauerwerk etc.). Die letzte größere Veränderung erfuhr die Kirche in den Jahren
2010/2011. Außer einer gründlichen Sanierung (insbesondere von Dach, Mauerwerk und Innenrau) wurde der Altar aus dem Chor fast bis in die Mitte der Vierung gerückt. Zusammen mit dem klar gegliederten, eher spartanisch ausgestatteten Innenraum ergibt sich eine auf die Mitte, also den Altar gerichtete Raumwirkung, die durch keine störenden Effekte vom Geschehen ablenkt und sich somit sehr positiv auf die Atmosphäre bei den Gottesdiensten auswirkt.
Die Ausstattung der Kirche umfasst heute neben dem bereits erwähnten Altar und dem Taufstein eine moderne Orgel, einen modernen Ambo mit der Darstellung der Symbole für die vier Evangelisten, dazu passend einen Leuchter für die Osterkerze und an den Wänden Apostelleuchter. Der Kreuzweg wurde in den
1990er
Jahren von der Künstlerin Marianne Haas gestaltet, die damals in Marialinden wohnte. Einige Statuen von unterschiedlicher Herkunft und Alter ergänzen die Ausstattung: Hl. Nikolaus, Maria mit dem Kinde, Hl. Josef, Hl. Sebastian und das Original der Jakobusstatue aus der Kapelle in Spitze. Als Ergänzung zum Taufstein wurde in jüngster Zeit vorne rechts eine Nische für die Aufbewahrung der heiligen Öle angebracht.
Die Kirche steht seit
1984
unter Denkmalschutz (Denkmal Nr.: 5).
Seit 2010 ist sie Teil der Pfarrgemeinde St. Marien Kürten.
Peter Opladen: Das Dekanat Wipperfürth, Verlag F. Schmitt, Siegburg 1955.
Heinrich Pohl: Sankt Nikolaus Dürscheid, Libertas Verlag, Wiesbaden 1966.
Lydia Kieven: Kulturführer Rheinisch-Bergischer Kreis, Herausgeber: Bergischer Geschichtsverein, Abteilung Rhein-Berg e. V. und Rheinisch-Bergischer Kreis, Heider-Verlag, Bergisch Gladbach 1998.
Gerda Panofsky-Soergel: Die Denkmäler des Rheinlandes, Rheinisch-Bergischer Kreis, Bd. 1 – 3, Verlag Schwann Düsseldorf, 1972 - 1974.
Kunibert Förster: Dürscheid an der Dursch - Ortsgeschichte kurz gefasst, in: Kürtener Schriften 5, Hrsg.: Geschichtsverein für die Gemeinde Kürten und Umgebung e. V., Kürten 2005.
Josef Büchel, Peter Gronewald: Bilder aus alter Zeit, Gemeinde Kürten, 3 Bände, Meinerzhagener Druck- u. Verlagshaus, Meinerzhagen 1984, 1986 (Bd. 1+2); DFS, Brecher & Müller, Köln 1999 (Bd. 3).
Gemeinde Kürten: Denkmalliste der Gemeinde Kürten, Denkmal Nr. 5.
Geschichtsverein für die Gemeinde Kürten und Umgebung e. V.: Von Wegekreuzen, Mühlen und Dolinen – Kulturhistorische Zeugnisse in der Gemeinde Kürten, Kürten 2009.